Der Corona-Virus führt für Beschäftigte und Unternehmen zur Frage, wie in den einzelnen Situationen mit der betrieblichen Altersversorgung (bAV) umzugehen ist. Diese allgemeine Information soll dazu beitragen, Möglichkeiten und Notwendigkeiten aufzuzeigen.
Bitte beachten Sie jedoch, dass immer der konkrete Einzelfall zu betrachten ist. Aus den nachfolgenden Ausführungen kann daher keinesfalls ein rechtssicheres Vorgehen für konkrete Fälle entnommen werden.
Nachfolgend werden zunächst die Auswirkungen auf Entgeltumwandlung und den Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG betrachtet. Auswirkungen auf eine darüberhinausgehende Förderung finden Sie am Ende dieses Newsletters.
Themenblöcke:
- Erkrankung aufgrund Corona
- Beschäftigte können aufgrund von Kita- oder Schulschließung und der daher notwendigen Kinderbetreuung nicht zur Arbeit kommen
- Beschäftigter kann den Arbeitsplatz nicht erreichen
- Quarantäne / berufliches Tätigkeitsverbot
- Quarantäne und bAV
- Angeordnete Betriebsschließungen
- Kurzarbeit – Erläuterung
- Kurzarbeit und bAV
- Förderung / Arbeitgeberbeitrag
Sofern Regelungen in Betriebsvereinbarung oder Tarifverträgen für diese oder vergleichbare Fälle existieren, sind diese zu beachten.
Viele grundsätzliche Fallgestaltungen werden bereits in Ihrer Versorgungsordnung geregelt, daher ist nach Lektüre des Nachstehenden immer zunächst ein Blick in die Versorgungsordnung sinnvoll.
Erkrankung aufgrund Corona
Ist der Beschäftigte durch eine Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt, gelten die allge- meinen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG). Dies hat in den ersten sechs Wochen der Erkrankung keine Auswirkungen auf die bAV.
Beschäftigte können aufgrund von Kita- oder Schulschließung und der daher notwendigen Kinderbetreuung nicht zur Arbeit kommen
Grundsätzlich sind Beschäftigte verpflichtet, Anstrengungen zu unternehmen, um das Kind anderweitig be- treuen zu lassen. Gerade bei kleinen Kindern – und wenn diese eventuell ansteckend sind – ist das jedoch kaum möglich. Hier sollte schnellstmöglich ein Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht und gemeinsam überlegt werden, ob etwa Arbeit im Home-Office in Frage kommen kann.
Möglichweise ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, da ein Fall der persönlichen Verhinderung im Sinne von § 616 BGB vorliegt. Dies ist – jedenfalls bei kleineren Kindern – aufgrund bestehender elterlicher Sorgepflichten (§ 1626 Abs. 1 BGB) der Fall. Insoweit wird ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen als eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne des § 616 Satz 1 BGB angesehen.
Beschäftigter kann den Arbeitsplatz nicht erreichen
Kann ein Beschäftigter nicht zur Arbeit erscheinen, z.B. weil öffentliche Verkehrsmittel ausfallen, liegt dieses Risiko allein in der Sphäre des Arbeitnehmers. Er trägt das sog. Wegerisiko und muss sich daher überlegen, wie er pünktlich zu seinem Arbeitsplatz gelangt.
Kann der Arbeitnehmer nicht zu seinem Arbeitsplatz gelangen, weil Bus und Bahn nicht mehr fahren, verliert er für diese Zeit auch den Anspruch auf Vergütung. Der Arbeitgeber ist nicht zur Entgeltzahlung verpflichtet und befindet sich auch nicht im Annahmeverzug nach § 326 Abs. 1 BGB.
Organisiert sich der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht anders und hat er nicht das ihm Zumutbare versucht, um rechtzeitig zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen, kann im Einzelfall auch eine Abmahnung und schlussendlich die Kündigung drohen.
Für die betriebliche Altersvorsorge ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer für den Zeitraum, in dem er nicht zur Arbeit gelangen kann, keinen Anspruch auf Vergütung hat.
Quarantäne / berufliches Tätigkeitsverbot
Quarantäne ist eine Maßnahme des Gesundheitsamtes, die sich aus § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ergibt. Danach kann angeordnet werden, dass eine Person in „geeigneter Weise abgesondert“ wird. Wird dies angeordnet, aber nicht eingehalten, ist eine zwangsweise Unterbringung möglich.
Wird also ein Kind durch das Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt, ist dieses Kind zu isolieren. Da dann eine Betreuung erforderlich wird, müssen in der Regel die Eltern zu Hause bleiben. Es gilt dann das oben zu Schul- und Kita-Schließungen Gesagte entsprechend.
Als mildere Schutzmaßnahme wird ein berufliches Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG angesehen. Hier kann die zuständige Behörde auch Krankheits- und Ansteckungsverdächtigen die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen.
Wird für einen Beschäftigten Quarantäne oder ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet, darf dieser nicht zur Arbeit gehen, demzufolge ist der Arbeitgeber auch nicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, das Arbeitsverhältnis ruht. Maßgeblich sind in diesen Fällen die Vorschriften in §§ 56ff IfSG.
Beschäftigte erhalten in dieser Zeit eine Entschädigung für den Verdienstausfall in Höhe des Netto-Entgelts, das in den ersten sechs Wochen vom Arbeitgeber auszuzahlen ist. Ab der siebten Woche erhalten Beschäf- tigte eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes, das aber direkt von der Behörde ausgezahlt wird.
Beschäftigte bleiben in dieser Zeit versicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung besteht nicht mehr. Soweit der Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen die Entschädigung auszahlt (s.o.), berechnet er auch diese SV-Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) und führt sie ab.
Dem Arbeitgeber werden sowohl die ausgezahlte Netto-Vergütung als auch die abgeführten Sozialversi- cherungsbeiträge auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.
Der Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Quarantäne oder des Berufsverbots zu stel- len. Auf weiteren Antrag kann die Behörde auch einen Vorschuss an den Arbeitgeber in Höhe des voraussichtlichen Erstattungsbetrages gewähren.
Quarantäne und bAV
Da das Arbeitsverhältnis ruht, erhält der Beschäftigte keine Vergütung. Die Entschädigung ist eine Lohner- satzleistung, die nicht umgewandelt werden kann. Die Entgeltumwandlung ist daher nicht möglich. Demzu- folge ist auch ein Arbeitgeberzuschuss auf die Entgeltumwandlung nicht zu leisten.
Die entsprechenden Versicherungsverträge können beitragsfrei gestellt werden. Bitte beachten Sie die Hin- weise nachfolgend unter ACHTUNG).
Angeordnete Betriebsschließungen
Derzeit wurden durch Allgemeinverfügungen der Bundesländer Schließungen von Geschäften und Betrieben angeordnet (vgl. z.B. Bekanntmachung der Bayerischen Behörden vom 16.03.2020, Az. 51-G8000-2020/122-67; Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales vom 18.03.2020, Az.: 15-5422/5). Wird eine Betriebs- oder Geschäftsschließung angeordnet, handelt es sich um einen Fall des Betriebsrisikos des Arbeitgebers. Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können.
Die Arbeitnehmer werden von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei, da ihnen die Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich wird. Nach § 615 S. 3 BGB kann ein Beschäftigter in diesen Fällen die vereinbarte Vergütung verlangen, da die Beschäftigten arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, sie der Arbeitgeber aber aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen.
Der Arbeitgeber kann in diesem Fall auch nicht einseitig Betriebsferien anordnen, denn diese müssen mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf angekündigt werden. Das ist angesichts der o.g. Anordnungen jedoch nicht mehr möglich.
Der Arbeitgeber darf allerdings anordnen, dass die Mitarbeiter Überstunden abbauen müssen. Dies muss jedoch arbeitsvertraglich möglich sein. Auch hier muss eine Ankündigungsfrist eingehalten werden.
Grundsätzlich ändert daher eine angeordnete Betriebsschließung am Arbeitsverhältnis nichts, Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss sind nach wie vor durchzuführen.
Selbstverständlich sind in diesen Fällen betriebsbedingte Kündigungen zulässig. Auf eine Auswahl der zu kündigenden Beschäftigten nach sozialen Gesichtspunkten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) kommt es nicht an.
Allerdings kann der Arbeitgeber in diesen Fällen „Kurzarbeit Null“ erwägen.
Kurzarbeit – Erläuterung
Kurzarbeit ist die Reduzierung der Arbeitszeit und des Arbeitsentgelts. Anlass ist in der Regel ein vorübergehender Auftragsmangel oder ein sonstiges Ereignis – wie die derzeitige Corona-Krise. Die Reduzierung der Arbeitszeit kann teilweise oder vollständig („Kurzarbeit Null“) sein. Kurzarbeit kann vom Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden, sondern nur aufgrund einer Klausel im Arbeitsvertrag. Fehlt diese – wie in vielen Fällen – kann bei widerspruchsloser Hinnahme auch ein konkludentes Einverständnis des Beschäftigten bestehen. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, § 87 Abs. 1 Ziff. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Der Arbeitgeber kann bei der Bundesagentur für Arbeit die Gewährung von Kurzarbeitergeld beantragen. Dieses wird gewährt, wenn die Voraussetzungen vorliegen, und beträgt für Beschäftigte mit Kindern 67%, für alle anderen 60% der Nettoentgeltdifferenz.
Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld wurden durch den Gesetzgeber gerade erheblich erleichtert.
Kurzarbeit und bAV
Wird die Arbeitszeit lediglich teilweise verringert, behält der Beschäftigte einen Teil seines Entgelts und kann daher auch weiter Entgelt umwandeln. Wenn Entgelt umgewandelt wird, ändert sich an dem Arbeitgeberzuschuss (z.B. 15% auf den Umwandlungsbetrag) grundsätzlich nichts.
Sofern der Beschäftigte nicht wünscht, dass seine Entgeltumwandlung reduziert oder aufgehoben wird, ergibt sich kein Handlungsbedarf für den Arbeitgeber.
Bei „Kurzarbeit Null“ ist für Entgeltumwandlung kein Raum mehr, denn der Beschäftigte erhält kein Entgelt. Kurzarbeitergeld ist eine Lohnersatzleistung und kann nicht umgewandelt werden.
In diesem Fall wird der Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber beitragsfrei gestellt.
Nach dem Betriebsrentengesetz hat der Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei fortbestehen- dem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, das Recht, die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträ- gen fortzusetzen, § 1a Abs. 4 BetrAVG.
ACHTUNG:
Bei der Beitragsfreistellung kann die Absicherung der Berufsunfähigkeit oder vergleichbarer „biometrischer Risiken“ (z.B. Grundfähigkeiten) verloren gehen. Es ist daher dringend zu empfehlen, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten darauf hinweist, dass der Beschäftigte den Versicherungsschutz durch Eigenbeiträge aufrechterhalten kann (sollte).
In einigen Fällen müssen für die Beitragsfreistellung Mindestversicherungssummen erreicht sein. Ist das nicht der Fall, ist eine Beitragsfreistellung nicht möglich, der Versicherungsvertrag würde in diesen Fällen beendet.
ACHTUNG:
Auch darauf muss der Arbeitnehmer hingewiesen werden.
Förderung / Arbeitgeberbeitrag
Darunter ist die Arbeitgeberleistung zu verstehen, die über den gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss (z.B. 15%) hinausgeht. Nachfolgend wird lediglich der Begriff „Förderung“ synonym für alle über den Arbeitgeberzuschuss hinausgehenden Leistungen verwendet. Insoweit ist zunächst zu prüfen, welche Regelungen in der Versorgungsordnung enthalten sind.
In vielen Fällen wird es so sein, dass die Zahlung der Förderung an die Arbeitsleistung des Beschäftigten gekoppelt ist. Besteht „Kurzarbeit Null“, steht der Beschäftigte unter Quarantäne oder ist ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet worden, kann der Arbeitgeber die Förderung einstellen.
Die entsprechenden Versicherungsverträge können beitragsfrei gestellt werden. Bitte beachten Sie die Hinweise oben unter ACHTUNG).
Das ist jedoch nicht der Fall, wenn bei Kurzarbeit die Arbeitszeit nur verringert, aber nicht auf Null reduziert wird. Hier kann der Arbeitgeber die Förderung nur einstellen, wenn die Förderung nach der Versorgungsordnung arbeitsrechtlich als „freiwillige Leistung“ bezeichnet ist. Der Beschäftigte ist auch dann zu informieren. Ohne Versorgungsordnung oder ohne entsprechende Regelung in einer Versorgungsordnung ist das nicht möglich. Ohne Versorgungsordnung bleibt der Arbeitgeber zur uneingeschränkten Förderung verpflichtet.